Ein echter Bayer feiert das Oktoberfest, in Südwestdeutschland ist das Weinfest das Event des Jahres und an der deutsch-belgischen Grenze feiert man das Narzissenfest. Um es gleich einmal vorwegzunehmen: Nein, die Narzissen werden hier nicht instrumentalisiert, um eine weitere Gelegenheit für ein süffiges Beisammensein zu schaffen. Es geht um Naturschutz.
Jedes Jahr von März bis Mai blühen auf den Wiesen im Oleftal Millionen wildwachsende Narzissen. Bis in die 1950er Jahre wurden die Wiesen von den Landwirten zur Heuernte genutzt. Sie wurden mit nährstoffreichem Bachwasser gedüngt und erst nach der Blütezeit der Narzissen gemäht. Der Dünger und das späte Mähen waren für die Narzissen optimale Bedingungen zum Wachsen. Dann stellten die Landwirte fest, dass es sich nicht mehr lohnt, die Wiesen zu pflegen. Die Erträge waren zu gering und der Aufwand zu groß. Deshalb ernteten sie das Heu fortan auf hofnahen Flächen und nutzten Mineraldünger. Die Narzissenwiesen wurden aufgeforstet. Dort wuchsen nun Fichten. Dadurch hatten die Narzissen zu wenig Licht, um zu wachsen. Ende der siebziger Jahre gab es dann eine Kehrtwende. Das naheliegende Perlen- und Fuhrtsbachtal wurde 1976 zum Naturschutzgebiet erklärt und eine weitere Aufforstung konnte verhindert werden. Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren konnte dadurch jedoch nicht zurückgewonnen werden. Genau das wollte man aber im Oleftal schaffen. Dazu kaufte die Loki-Schmidt-Stiftung dort eine Wiese und Naturschützer aus Belgien und Deutschland begannen, die Fichten wieder zu entfernen. 1987 kaufte auch die NRW-Stiftung Flächen. So wurden nach und nach immer mehr Fichten gerodet und für die Narzissen war wieder mehr Platz. Dass die Narzissen und mit ihnen viele weitere Tier- und Pflanzenarten wieder da sind, wird jedes Jahr beim Narzissenfest von Naturschützern gefeiert.
Das Oleftal ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer. Es gibt dort zwei Rundwanderwege. Sie sind nicht barrierefrei. Wer nicht auf eigene Faust wandern möchte, kann sich online zu einer geführten Tour anmelden. Diese werden in den Blütemonaten vom Naturpark Nordeifel angeboten und kosten etwa fünf Euro für Erwachsene und drei Euro für Kinder. Damit sich jedes Jahr aufs Neue Besucher an den Narzissen erfreuen können, gibt es Regeln: Die Narzissen dürfen weder gepflückt noch ausgegraben oder platt getreten werden, denn sie sind selten. In Deutschland gibt es wilde Narzissen nur in der Region um das Oleftal und im Hunsrück.
Ein Tipp für Wanderer: Wer viele Narzissen auf einer Stelle sieht, sollte aufpassen, nicht in einen Ameisenhaufen zu treten. In der Nähe von Narzissen gibt es meistens viele Ameisen. Sie helfen den Narzissen bei der Verbreitung ihrer Samen.
Vor Antritt einer Wanderung lohnt sich ein Blick auf den Narzissenticker, der den aktuellen Blütestand anzeigt. Der Ticker wird von der Gemeinde Hellenthal in den Blütemonaten etwa alle zwei Tage aktualisiert: https://www.hellenthal.de/freizeit-tourismus/sehenswertes/narzissenbluete
Foto: Narzissen im Oleftal; Credits: Josefina Evers