Ein Öltanker vor dem Kapstadter Hafen. Credit: Unsplash/Clyde Thomas

Nachhaltige Suche nach Erdöl und -gas – ein Widerspruch?

Ein EU-gefördertes Projekt soll die Suche nach fossilen Rohstoffen nachhaltiger gestalten. Doch kann dies überhaupt nachhaltig sein? Zwei Gespräche – zwei Positionen. 

Foto: Ein Öltanker vor dem Kapstadter Hafen. Credits: Unsplash/Clyde Thomas

Wenn bisher nach Erdöl oder -gas gesucht wird, sind Probebohrungen oft unumgänglich. Dies hat entsprechende, oft irreversible Folgen für das abgesuchte Gebiet. Ein EU-gefördertes Projekt mit dem Namen „Prospectomics“ verfolgt einen neuen Ansatz der Kohlenwasserstoffprospektion – der Suche nach Lagerstätten von Kohlenwasserstoffen wie Erdgas und Erdöl im Boden. Anstelle von Probebohrungen sollen Mikroorganismen beim Aufspüren solcher Lagerstätten helfen, die im Meeresboden Kohlenwasserstoffe abbauen und spezifische Biomoleküle wie DNA, RNA und Proteine abgeben. Mithilfe dieser Biomoleküle sollen biologische „Fingerabdrücke“ identifiziert werden, die typisch im Umfeld von Lagerstätten von Kohlenwasserstoffen sind und künftig so die oberflächliche Suche nach ihnen erleichtern.

Das Projekt verspricht so die Suche nach Kohlenwasserstoffen wie Erdöl und Erdgas nachhaltiger beziehungsweise umweltverträglicher zu machen. Aber ist die Suche und die damit verbundene Förderung von fossilen Energieträgern in Zeiten der Klimakrise überhaupt tragbar? Möchte die EU nicht gerade auf solche Energieträger verzichten? Unser Reporter Erik Benger hat dazu zwei Gespräche geführt: Eins mit einem Bioinformatiker, der am Projekt beteiligt ist und eins mit einer Umweltschützerin von Greenpeace. 


Gespräch mit Dr. Thomas Rattei

„Fossile Kohlenwasserstoffe sind mehr als nur ein Energieträger“

Dr. Thomas Rattei, Bioinformatiker im Projekt „Prospectomics“

Dr. Thomas Rattei ist Bioinformatiker und arbeitet seit 2010 an der Universität Wien, die am Projekt „Prospectomics“ beteiligt ist. Gemeinsam mit seiner Forschungsgruppe wertet er die im Projekt gewonnenen Daten aus.

Credits: Thomas Rattei.

Thomas Ratteis Position in Kürze

  • Das Ziel von „Prospectomics“ ist eine neue Methode der Kohlenwasserstoffprospektion, dem Auffinden von Kohlenwasserstoff-Lagerstätten am Meeresboden, die ohne invasive Probebohrungen und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen des jeweiligen Ökosystems auskommen soll.
  • Das Projekt ist erst Anfang 2021 gestartet, deshalb steht aktuell (Stand: August 2021) noch die Probengewinnung in Zusammenarbeit mit Forschungsschiffen im Vordergrund. Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht. 
  • In der Bioinformatik werden Daten aufbereitet und zugänglich gemacht. Außerdem geht es um Vorhersagen, die mithilfe von maschinellem Lernen in den Daten identifiziert werden sollen. 
  • Fossile Kohlenwasserstoffe als Energieträger sind langfristig wenig sinnvoll und ersetzbar. Allerdings ist insbesondere Erdöl viel mehr als nur ein Energieträger: Als Rohstoff für Kunststoffe und als Grundstoff für die chemische und petrochemische Industrie ist es noch nicht ersetzbar.

Förderung von Erdöl und Erdgas in Österreich

Das Projekt Prospectomics beschäftigt sich ganz grundsätzlich mit der Exploration von Kohlenwasserstoff-Lagerstätten, insbesondere am Meeresboden. Den kann Österreich nicht aufweisen. Allerdings ist Österreich eins von wenigen Ländern in Europa, das auf dem Festland kleinere Erdöl und Erdgasvorkommen hat, die bereits erschlossen sind. Laut der österreichischen Geologischen Bundesanstalt befinden sich im sogenannten Wiener Becken und im Alpenvorland „wirtschaftlich relevante Mengen“ Erdöl und Erdgas.

Das dort geförderte Öl deckt etwa 10 Prozent des österreichischen Bedarfs, das geförderte Gas etwa 15 Prozent. Der Rest wird importiert. Zum Vergleich: Österreich förderte 2018 etwa 1 Millionen Tonnen Rohöl, Norwegen, als größter Förderer in Europa, gut 83 Millionen Tonnen und die USA, als weltweit größter Öl-Produzent rund 670 Millionen Tonnen. 

Gespräch mit Jasmin Duregger

Credits: Jasmin Duregger.

„In Exploration zu investieren, lohnt sich in Anbetracht der Klimakrise nicht mehr“

Jasmin Duregger, Greenpeace Österreich

Jasmin Duregger ist Mitarbeiterin von Greenpeace Österreich. Sie hat einen Master in Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement abgeschlossen.  Der Fokus ihrer Arbeit liegt im Bereich Klima und Energie.

Jasmin Dureggers Position in Kürze

  • Die Exploration weiterer Kohle, Gas und Erdölvorkommen ist nicht mit den Klimaschutzzielen und -ambitionen der EU, aber auch den nationalen Zielen von beispielsweise Deutschland oder Österreich vereinbar.
  • Beim Verbrennen von Erdgas werden zwar weniger Emissionen ausgestoßen als bei Erdöl, es als „Brückentechnologie“ zu bezeichnen, ist aber veraltet. Wir brauchen gar keine Emissionen. Außerdem entweicht bei der Erdgasförderung in großem Stil das weit potentere Treibhausgas Methan.
  • Heute noch in Explorationstechnologie und ähnliche Infrastruktur zu investieren, ist nicht sinnvoll, da sich diese Investitionen nicht mehr rentieren werden. Neue Quellen anzuzapfen, schafft keinen Anreiz für Veränderung im Umgang mit Erdgas und -öl.
  • Es ist richtig, dass Erdöl auch Rohstoff für Kunststoffe ist. Allerdings sollte dies kritisch hinterfragt werden. Der Erdölbedarf für andere Anwendungen, etwa im medizinischen Bereich, macht nur einen Bruchteil aus – dafür reichen die bereits erschlossenen Vorkommen.

Mehr aus Österreich

Icon Österreich
Die Bodenstation am Observatorium Lustbühel in Graz tauschte mit dem chinesischen Satelliten "Micius" Lichtteilchen aus. Foto: Johannes Handsteiner/ÖAW
Artikel
Quantensprung ins All
Artikel-Symbol
Artikel
Quantensprung ins All
Forschende aus Österreich wollen digitale Nachrichten unknackbar machen – mithilfe von Weltraum-Quantentechnik und China. Die EU guckt nur zu.
Eine Höhle voller Eis
Science Sight
Eishöhle bei Tenneck
Science Sight-Symbol
Science Sight
Eishöhle bei Tenneck
Das Höhlensystem südlich von Salzburg ist Jahrtausende alt, die riesigen Eisformationen darin bilden sich aber Jahr für Jahr neu.
Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Mehr aus dem Bereich Technik

Icon Technik
Eine große Metallkugel mit einem rechteckigen Fenster
Artikel
Wie Plasma zehnmal so heiß wie die Sonne wird
Artikel-Symbol
Artikel
Wie Plasma zehnmal so heiß wie die Sonne wird
In Südfrankreich entsteht ein riesiger Kernfusions-Reaktor. Eine Physikerin erklärt, warum das die Zukunft unserer Energieversorgung werden kann - und welche Hürden dafür noch zu meistern sind.
Bläuliche Eisstruktur. Credits: Unsplash/Jan Kopřiva.
Artikel
Auferstehung in der Mikrowelle
Artikel-Symbol
Artikel
Auferstehung in der Mikrowelle
Schaurige, aber seriöse Forschung: In den 1950er Jahren ließen britische Forschende Tote auferstehen – mithilfe einer Mikrowelle.
Die Bodenstation am Observatorium Lustbühel in Graz tauschte mit dem chinesischen Satelliten "Micius" Lichtteilchen aus. Foto: Johannes Handsteiner/ÖAW
Artikel
Quantensprung ins All
Artikel-Symbol
Artikel
Quantensprung ins All
Forschende aus Österreich wollen digitale Nachrichten unknackbar machen – mithilfe von Weltraum-Quantentechnik und China. Die EU guckt nur zu.
Oberhalb der Erde ist viel Wald und ein See. Unter der Erde ist ein Plan von Gängen angelegt
Artikel
Marmor, Stein und Eisen bricht – aber finnischer Granit nicht?
Artikel-Symbol
Artikel
Marmor, Stein und Eisen bricht – aber finnischer Granit nicht?
Unterhalb der kleinen Halbinsel Olkiluoto, 430 Meter tief im Granitgestein, entsteht es: Finnlands Atommüll-Endlager. Das erste weltweit.
Ein Mann liest vor einer riesigen Spiralspule. Foto: Gemeinfrei
Science Sight
Nikola-Tesla-Museum
Science Sight-Symbol
Science Sight
Nikola-Tesla-Museum
Die Ausstellung in Belgrad zeigt Leben und Wirken des Pioniers der Elektrotechnik – und Teslas originale Forschungsinstrumente.
Detaillreiches Uhrwerk einer Armbanduhr. Foto: Unsplash/Dimitar Stecev
Artikel
Handwerkskunst im Tausendstel-Millimeter-Bereich
Artikel-Symbol
Artikel
Handwerkskunst im Tausendstel-Millimeter-Bereich
Schweiz und Uhrmacherei gehören zusammen wie Spiralfeder und Unruh. Eine angehende Uhrmacherin nimmt uns mit in ihre Werkstatt.
Eine Familie spielt an einem Wasserexperiment, das aus blauen Bahnen und Brettern besteht.
Science Sight
Wassermuseum in Arnheim
Science Sight-Symbol
Science Sight
Wassermuseum in Arnheim
Im Wassermuseum zeigen mehr als 50 Vorstellungen und Modelle, wie Schleusen arbeiten oder ein Kanalisationssystem funktioniert.
Blick aus einem Kühlturm in Tschernobyl. Foto: Unsplash/Mick de Paola.
Science Sight
Tschernobyl
Science Sight-Symbol
Science Sight
Tschernobyl
Einst Ort eines ungeheuerlichen technischen Unglücks, heute ein Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt
Eine Museumshalle voller bunter Wissenschaftsattraktionen
Science Sight
AHHAA Science Centre
Science Sight-Symbol
Science Sight
AHHAA Science Centre
Das AHHAA richtet sich vor allem an junge Familien. Mathematik, Biologie, Technik und vieles mehr zum Anfassen.
Mit einem Klick zum Amt. Fast alle Behördengänge sind in Estland online möglich. Foto: unsplash.com/Joseph Frank
Artikel
Kleiner Staat, ganz digital
Artikel-Symbol
Artikel
Kleiner Staat, ganz digital
In Estland leben nur 1,3 Millionen Menschen. Doch der kleine Staat ist digitalisierter als die meisten anderen in Europa. Dahinter steckt ein Plan.
Windräder im Wasser
Science Sight
Offshore-Windparks vor Esbjerg
Science Sight-Symbol
Science Sight
Offshore-Windparks vor Esbjerg
Vor Dänemarks Küste drehen sich riesige Offshore-Windkraftanlagen. Die größte Windpark in Nordeuropa zeigt die Zukunft unserer Energieversorgung.
Ein hoher Turm mit Windmesser: Mitten in München steht das Deutsche Museum.Credit: Unsplash/Wolfgang Tröscher
Science Sight
Deutsches Museum
Science Sight-Symbol
Science Sight
Deutsches Museum
Zentral in München gelegen, ist es eines der größten Museen für Naturwissenschaft und Technik der Welt.
Ein riesieger Staudamm von oben. Foto: Sjoerd Bracke & Cuno de Bruin.
Science Sight
Deltawerke
Science Sight-Symbol
Science Sight
Deltawerke
Im ewigen Kampf der Niederlande gegen das Wasser bilden die Deltawerke das weltweit größte System zum Schutz vor Sturmfluten.
Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Mehr aus dem Bereich Umwelt & Klima

Icon Umwelt & Klima
Artikel
Munition im Meer
Artikel-Symbol
Artikel
Munition im Meer
So schadet Munition aus den Weltkriegen den Meeresorganismen
Feuerwehrmann bekämpft Feuer
Artikel
Mit Ziegen und Bomben gegen Waldbrände
Artikel-Symbol
Artikel
Mit Ziegen und Bomben gegen Waldbrände
Portugal und Schweden gehören zu dne Ländern mit den meisten Waldbränden. Ihre Strategien dagen sind doch sehr unterschiedlich.
Am Strand liegen verschiedene Muscheln
Artikel
#Shellfie am Strand: Warum Muscheln-Zählen wichtig für die Wissenschaft ist
Artikel-Symbol
Artikel
#Shellfie am Strand: Warum Muscheln-Zählen wichtig für die Wissenschaft ist
Am Strand abhängen und der Forschung helfen? Im Podcast erklären wir, wie das geht.
Ein Blässhuhn steht auf einem Nest, das auf dem Wasser schwimmt. Im Nest steckt ein Blatt einer Kunstpflanze.
Artikel
Plastikpflanzen in Vogelnestern: Ist das Deko oder ist das echt?
Artikel-Symbol
Artikel
Plastikpflanzen in Vogelnestern: Ist das Deko oder ist das echt?
Ein niederländischer Biologe untersucht, wie Blässhühner mit unserem Müll ihre Nester bauen und wie das den Tieren bekommt.
Plastikverpackungen mit Schinken. Credit: photosforyou/Pixabay
Artikel
Plastik-Recycling: Ein Kleber als Lösung
Artikel-Symbol
Artikel
Plastik-Recycling: Ein Kleber als Lösung
Forschende aus Spanien haben eine Idee, wie man Plastikverpackungen herstellen kann, die besser recycelt werden können.
Ein Boot am Rande eines Sees. Foto: Pixabay
Science Sight
Hutovo Blato
Science Sight-Symbol
Science Sight
Hutovo Blato
Im Süden Bosnien-Herzegowinas befindet sich das Sumpfgebiet Hutovo Blato. Bereits seit 1954 ist das Gebiet aufgrund seiner Artenvielfalt geschützt.
Oberhalb der Erde ist viel Wald und ein See. Unter der Erde ist ein Plan von Gängen angelegt
Artikel
Marmor, Stein und Eisen bricht – aber finnischer Granit nicht?
Artikel-Symbol
Artikel
Marmor, Stein und Eisen bricht – aber finnischer Granit nicht?
Unterhalb der kleinen Halbinsel Olkiluoto, 430 Meter tief im Granitgestein, entsteht es: Finnlands Atommüll-Endlager. Das erste weltweit.
Nadelwald von oben. Ein Waldweg führt hindurch. Foto: Unsplash/Geran de Klerk.
Artikel
Totes Holz – wird das mal anziehend?
Artikel-Symbol
Artikel
Totes Holz – wird das mal anziehend?
Schwedens Wälder haben ein immer größer werdendes Problem: den Borkenkäfer. Lassen sich aus befallenem Holz Textilfasern machen?
Eine Bootsspitze, die auf einem spiegelglatten Bergsee fährt
Artikel
Arktisforschung im Klima-Wandel
Artikel-Symbol
Artikel
Arktisforschung im Klima-Wandel
Grönland bietet einen guten Ausgangspunkt für Expeditionen zur Klimaforschung. Zwei Forschende berichten uns von ihrer Fahrt im Polarmeer.
Eine Familie spielt an einem Wasserexperiment, das aus blauen Bahnen und Brettern besteht.
Science Sight
Wassermuseum in Arnheim
Science Sight-Symbol
Science Sight
Wassermuseum in Arnheim
Im Wassermuseum zeigen mehr als 50 Vorstellungen und Modelle, wie Schleusen arbeiten oder ein Kanalisationssystem funktioniert.
Schneebedeckter Boden vor einem Tannenwald und blauem Himmel Foto: Unsplash/Daniel Born.
Science Sight
Urho Kekkonen Nationalpark
Science Sight-Symbol
Science Sight
Urho Kekkonen Nationalpark
Der Urho Kekkoken Nationalpark ist der zweitgrößte Nationalpark Finnlands – voll von Mooren, Fjells und Wäldern.
Blick aus einem Kühlturm in Tschernobyl. Foto: Unsplash/Mick de Paola.
Science Sight
Tschernobyl
Science Sight-Symbol
Science Sight
Tschernobyl
Einst Ort eines ungeheuerlichen technischen Unglücks, heute ein Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt
Windräder im Wasser
Science Sight
Offshore-Windparks vor Esbjerg
Science Sight-Symbol
Science Sight
Offshore-Windparks vor Esbjerg
Vor Dänemarks Küste drehen sich riesige Offshore-Windkraftanlagen. Die größte Windpark in Nordeuropa zeigt die Zukunft unserer Energieversorgung.
Vorheriger Artikel
Nächster Artikel